Im ersten Teil zur siegreichen Teilnahme an einem Pitch wurde die Wichtigkeit von Vorbereitung, Präsentation, Team-Zusammenstellung oder Moderation in sechs Punkten erläutert. Teil II enthält die häufigsten Fallstricke und eine Anleitung wie man sie umgeht.
7. Auftragskiller Kommunikation
Ohne Kommunikation nützen die tollsten Expertisen nichts. Und als sei das Anwälten nicht bekannt, werfen sie sich selbst immer wieder vom Siegertreppchen, indem die Präsentatoren
- zu viel reden und zu wenig fragen. Besonders tragisch wirkt der Senior, der seine jüngeren Teamkollegen oder den Gastgeber nicht zu Wort kommen lässt – oder beide gar korrigiert!
- sich in Rechtfertigungspositionen oder unklare Ansagen flüchten, wenn die Rede auf das Honorar kommt.
- immer ihr ganzes Wissen zeigen wollen, statt es auf den Teil zu begrenzen, der für den Anfrager interessant ist.
- öffentlich despektierlich über Mitbewerber reden.
- Juristenvokabular gegenüber Nicht-Juristen verwenden.
- Powerpoint-Folien mit überladenen und redundanten Informationen verwenden.
- in die Dialogfalle tappen. Sie schauen und sprechen stets nur den Frager an, wenn sie antworten; die anderen Mitglieder des Teams – auch des eigenen – «verhungern» während der Antwort.
- ihre Kompetenzen nicht spezifizieren und quantifizieren, sondern sie allgemein behaupten.
- durch rein kognitiv ausgerichtete Ausbildungen divenhaft und besserwisserisch sozialisiert sind und daher gegenüber Nicht-Juristen entweder arrogant, aggressiv oder unterwürfig wirken.
- mangels Empathie berechtigte Informationsfragen wie «Können Sie das denn wirklich?» als Attacken auffassen.
8. Kaufkriterien
Die Anfrage enthält Eckdaten und normalerweise keine Details. Trainierte Anwälte fragen nach. Schon beim ersten Nachfass-Telefonat (E-Mails zum Nachfassen sind suboptimal, um einen persönlichen Kontakt aufzubauen) nehmen sie daher möglichst viele Details des Bedarfs wahr, erkennen vielleicht schon darin die Kaufkriterien des Anrufers sowie Anforderungen an das Team und das vorab zu übersendende Material.
Besonders während und nach einer Kanzlei-Fusion werden auch die neuen strategischen Eckdaten der Kanzlei und die Antworten auf allgemeine und spezielle Fragen abgestimmt und einstudiert.
Kaufkriterien für den Anfrager sind dessen hochrangige Werte wie Qualität, Kompetenz, Zuverlässigkeit und Transparenz. Diese setzt der Anfrager ebenso voraus wie untadelige Rechtskenntnisse und eine erstklassige Kosten-Nutzen-Relation.
9. Service
Hier liegt oftmals der entscheidende Unterschied. Es stellt sich die Frage, ob
- die Kanzlei in der Lage ist, während des Mandats immer denselben Ansprechpartner zu bieten (One-face-to-the-customer).
- die Zeiten eingehalten werden.
- die Teams flexibel sind.
- der Anwalt das Anliegen versteht und durchdringt.
- er sich in den Klienten einfühlt.
- er seine Hausaufgaben gemacht hat.
- er ehrlich und lösungsbereit mit eigenen Schwächen umgeht.
- er Widerspruch als Chance versteht.
- der Klient ihm vertrauen kann.
- man alles aus einer Hand bekommt (one-stop-shop), besonders in solchen Fällen, in denen er selbst nicht alle gewünschten Rechtsberatungsleistungen bereithält, sondern durch Kooperationspartner abarbeiten lässt.
10. Transparenz
Der Interessent hat Anspruch auf Transparenz. Das gilt für die fachlichen Leistungen ebenso wie für die Kosteninformationen. Klare Unternehmensentscheidungen sind die Grundlage für Antworten auf Honorarfragen. Gibt es generell Verhandlungsspielraum? In welchen Fällen wird pauschal honoriert? Wann findet eine Deckelung statt? Welche Stundensätze werden für wen berechnet? Liefert die Kanzlei Spezialservices? Diese Fragen müssen im Sinne der corporate identity an allen Standorten gleich beantwortet werden.
Auch psychologische Fragen können über Erfolg und Misserfolg entscheiden, etwa ob man sich an diesen Berater «anlehnen» und ihm andererseits vorgeben kann, was er tun soll. Gerade diesen Aspekt empfinden präsentierende Anwälte oft als komplizierte Gratwanderung.
11. Rhetorik
Rhetorische Grundregeln bringen jeden ein gutes Stück weiter. Hier sind die wichtigsten, die bereits vielen Teams zu Erfolgen verholfen haben:
Wer fragt, führt. Fragen geben dem Gegenüber Raum. Durch dessen Antworten erkennen Sie die richtige (oder falsche) Richtung. Durch Fragen spezifizieren und signalisieren Sie Interesse und Kompetenz. Sie verschieben dadurch den Redeanteil zugunsten des potenziellen Mandanten und erreichen eine unaufdringliche, üblicherweise angenehm wirkende Führung.
Hauptsätze erzielen die grösste Aufmerksamkeit des Gesprächspartners. Hauptsätze sollten daher auch wichtige Botschaften transportieren. Für den Anwalt ist diese Regel eine Herausforderung. Die Ausdrucksweise sollte kurz, konkret und präzise sein. Drücken Sie selbst Unklarheiten klar aus.
Die Zusammenfassung des Gesagten beseitigt nicht nur Missverständnisse und Unklarheiten sondern bewirkt auch den Eindruck, man interessiere sich für Alltag, Branche, Nöte und Besonderheiten des Anfragers und richte sich auf diese ein.
Ein Nein ist für den Frager immer irritierend. Egal, ob es sich um Ablehnung, Relativierung oder Widerstand handelt. Kombinieren Sie Ihre Neins sofort mit einer Erklärung oder gar mit einer Lösung. Der Gesprächspartner gewinnt so den Eindruck, dass die Kanzlei lösungsorientiert arbeitet.
Anwaltliche Botschaften haben für Nicht-Anwälte häufig keinen Anfang und insbesondere kein Ende. Fassen Sie sich kurz, und lassen Sie Ihr Gegenüber bestimmen, bei welchem Punkt er mehr Informationen benötigt.
Anwälte geraten beim Sprechen gern und schnell in den Paragraphen-Rausch. Unterbrechen Sie den und geben Sie Ihren Hörern das Gefühl, nur für sie – und nicht für sich – zu sprechen.
Der Anfrager ist an Zahlen und Fakten interessiert, denn er braucht ein möglichst konkretes Entscheidungsgerüst.
12. Fragen der potenziellen Mandanten
Viele der gestellten Fragen betreffen die Bereiche Kosten, Qualität, Effektivität, Zusammenstellung des Teams. Deshalb sollten Anwälte diesbezüglich besonders gut vorbereitet sein. Die Grundregel lautet daher: Je komplizierter eine Frage für den Präsentierenden ist, desto genauer sollte er die Antwort im Voraus kennen und sich vorbereiten.
Typische Fragen zu den Kosten könnten lauten:
Was kostet es? Können Sie uns einen Festpreis anbieten? Besteht die Möglichkeit, ein Honorar zu deckeln? Wie gross ist das Risiko, dass mit einem CAP Ihr Arbeitseinsatz sinkt? Wie rechnen Sie die Leistungen anderer Standorte ab? Wie rechnen Sie die Leistungen Ihrer Kooperationspartner ab? Berechnen Sie auch Reisezeit? Wollen Sie Ihre Haftung beschränken? Wie entwickelt sich der Preis, wenn der Fall unkomplizierter ist? Wie können Sie die Kosten senken? Können wir ein Erfolgshonorar vereinbaren?
Hinsichtlich der Qualität stellen sich oft die Fragen: Welchen Vorteil haben wir, wenn wir mit Ihnen zusammenarbeiten? Wir haben bis jetzt zusammengearbeitet mit … ( Name eines Mitbewerbers ). Was halten Sie von dieser Kanzlei? Sind Sie Experte auf diesem Gebiet? Was ist die lokale Stärke Ihrer Kanzlei? Wie stellen Sie sicher, dass die Arbeit internationalen Standard hat? Haben Sie Branchenkenntnisse? Haben Sie Referenzen auf diesem Gebiet? Arbeiten Sie auch exklusiv?
In Bezug auf die Arbeitseffektivität interessiert z.B.: Wie funktioniert der Know-how-Austausch zwischen den Standorten? Wie können wir Ihren Spezialisten für (Rechtsgebiet) direkt erreichen, wenn er gar nicht in Deutschland arbeitet? Wie wollen Sie das alles ohne eigenes Büro in... (Ort) regeln? Wie schnell ziehen Sie den ...(Rechtsgebiet) - Spezialisten heran? Wen erreichen wir nachts? Auf welche Weise? Können Sie uns immer denselben Ansprechpartner garantieren? Was passiert, wenn sich plötzlich unser Bedarf verdoppelt? Wie stellt sich unsere Zusammenarbeit dar? Akzeptieren Sie die Federführung durch eine US-Kanzlei?Können Sie sicherstellen, dass wir immer wissen, was Sie tun? Stellen Sie auch Anwälte als "Inhouse-Lawyers" ab? Können Sie mandatsbezogene Veröffentlichungen vorweisen? Welche Begleitleistungen können wir erwarten? (Headhunter, Unternehmensberater)
Was das Team betrifft, lauten Fragen in der Regel: Wer leitet die Bearbeitung? Wie können wir sicher sein, dass diese Leitung bestehen bleibt? Welche Arbeiten übergeben Sie an Ihre Junioren? Wie gross ist das Team? Wie viele Anwälte aus ... (Land, Stadt) können bei Bedarf sofort zugeschaltet werden? Was passiert im Urlaubsfall?
Wer die insgesamt zwölf erläuterten Punkte beachtet, hat die besten Chancen, einen Pitch für sich bzw. seine Kanzlei zu entscheiden.