Unangetastetes Potenzial nutzen
Die Webseite ist das erste Aushängeschild einer Kanzlei. Über sie werden häufig jene bereits erreicht, die auf der Suche nach Rat in einem bestimmten Fachgebiet sind. Allerdings schöpfen viele Kanzleien diese Möglichkeit nicht aus, ihre Experten zu positionieren und die Interessenten gleich in der Recherche-Phase abzuholen. Auf zahlreichen Websites werden zudem weder relevante Daten erfasst, noch ansprechende Inhalte zur Verfügung gestellt.
Wie können nun Kanzleien diese Interessenten erreichen, die zu Mandanten werden sollen? Eines der effizientesten Mittel sind auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnittene Inhalte zum Download wie z.B. Whitepaper, Kommentare oder Webinare. Hierbei ist wichtig, Daten zur Qualifizierung und direkten Ansprache über rechtskonforme und mit dem CRM-System verknüpfte Formulare zu erfassen.
Die folgenden fünf Best Practices zur Lead-Generierung (sprich der potenziellen Neukunden-Generierung) können Kanzleien einfach aus der B2B-Welt übernehmen.
Schritt 1: Definition der Zielgruppe
Bevor jegliche Optimierungsarbeit an der Website beginnt, muss die Zielgruppe definiert werden. Hierzu kann die Kanzlei eine Reihe von Fragestellungen abarbeiten: Wer soll erreicht werden, aus welchen Branchen und mit welcher Seniorität? Gibt es Industrien, in denen die Kanzlei besonders erfolgreich ist und warum? Wie wird die Kanzlei von der Zielgruppe wahrgenommen und was hebt sie von Wettbewerbern ab? Häufig hilft es, sich die klassischen BANT-Kriterien als Vorlage zu nehmen:
- Budget – Was ist der Interessent bereit auszugeben? Gibt es einen Mindestumsatz pro Account?
- Authority – Wer ist der richtige Ansprechpartner? Wer hat Entscheidungsbefugnis und wer hält das Budget?
- Need – Besteht Bedarf an den angebotenen Dienstleistungen? Was kann zusätzlich angeboten werden? Was sollte man dagegen nicht anbieten?
- Time – Wann besteht Bedarf? Können die Anforderungen in einem angemessenen Zeitrahmen erfüllt werden? Wie viel Zeit wird zur Vorbereitung benötigt, und gibt es ein Team mit hinreichenden Kapazitäten?
Schritt 2: Auf die Zielgruppe zugeschnittene Inhalte
Nun betrachtet man die Inhalte auf der Webseite, welche die Kanzlei derzeit anbietet. Möglicherweise bestehen bereits Whitepaper, die erste Antworten auf die Fragen der Zielgruppe geben oder die Kanzlei als Vorreiter auf einem bestimmten Themengebiet positionieren. Eventuell sind bestimmte Dokumente vorhanden, die besonders gut bei Mandanten ankommen. Wenn das der Fall ist, können diese Materialien hervorragend für die Erstellung einer Landing Page verwendet werden. Falls nicht, sollten ansprechende und auf die definierte Zielgruppe zugeschnittene Inhalte erstellt werden. Hierzu gehören Artikel und Kommentare zu aktuellen rechtlichen Themen oder praktische Hinweise, die für das Geschäft der Zielgruppe von Interesse sind. Webinare z.B. bieten eine gute Möglichkeit, ein bestimmtes Thema in einer 30-minütigen Online-Präsentation zu behandeln und dabei direkt auf die Fragen der Zuhörer einzugehen. Insbesondere besteht die Chance, im Nachgang erneut mit den Zuhörern in Kontakt zu treten.
Schritt 3: Anlegen eines Webformulars und Verknüpfung zum CRM System
Die Bereitstellung der für die Zielgruppe relevanten Inhalte erfolgt idealerweise auf einer Gated Landing Page, auf der die Kernaussage zusammengefasst wird. Interessenten können diese Inhalte hier nicht direkt herunterladen oder sich für ein Webinar anmelden, sondern müssen das auf der Website bereitgestellte Formular ausfüllen. Diese Daten sollten direkt in das CRM-System (Customer Relationship Management) der Kanzlei in entsprechende Kampagnen einfliessen, sodass der Erfolg der Kampagnen bzw. Inhalte messbar wird. Falls noch kein CRM vorhanden ist, ist es Zeit für eine Investition. Vor allem auch wegen der DSGVO müssen Formulare rechtskonform gestaltet und so einfach wie möglich gehalten sein. Welche Informationen werden wirklich benötigt, um mit einem Interessenten in Kontakt zu treten? Häufig reicht es, lediglich ein Kontaktfeld für Email-Adresse und ggf. Telefonnummer verpflichtend aufzuführen. Gleichzeitig sollten Felder für Vornamen, Nachnamen, Firma sowie Stadt und Land bereitstehen (unverbindlich).
Das Formular sollte zusätzlich mit einem Doppel-Opt-In-Prozess verknüpft werden. Hiermit wird abgefragt, ob der Leser auch in Zukunft von der Kanzlei kontaktiert werden darf – ein wichtiger Schritt, um diesen Lead auch später verwenden zu dürfen. Zudem sollte ein Verweis auf die Datenschutz-Richtlinien der Kanzlei erfolgen, so dass der Lead sich diesbezüglich sicher fühlen kann.
Schritt 4: Qualifizierung – Nachfassen nicht vergessen
Die Kanzlei verfügt nun über Leads, die durch ansprechende Inhalte auf sie aufmerksam geworden sind und die Expertise derselben bereits ansatzweise kennen. Sie weiss auch, welche Themen für die Leads interessant sind. Mit einem CRM-System kann das Business Development Team den Lead nun zeitnah qualifizieren. Falls er in die vordefinierte Zielgruppe der Kanzlei fällt, kann entsprechend nachgefasst und die Aktivität dann im System hinterlegt werden, so dass eine Historie entsteht. Eine pro-aktive Kontaktaufnahme ist denkbar einfach: Per Telefon oder E-Mail fragt man nach, ob der Lead das gefunden hat, was er gesucht hat, ob er weitere Informationen benötigt, ob Bedarf an einer rechtlichen Beratung besteht und wenn ja, in welchem Zeitrahmen. Idealerweise bietet man an, ein weiterführendes unverbindliches Gespräch zu führen oder einfach weiterhin in Kontakt zu bleiben. Falls der Lead nicht in die Zielgruppe fällt und die Kanzlei sich entscheidet, diesen nicht weiter zu verfolgen, empfiehlt es sich dennoch, eine kurze E-Mail zu schreiben und sich für das Interesse zu bedanken.
Schritt 5: Nurturing – Immer neue Inhalte erstellen
Die Leads sollten im Entscheidungsprozess begleitet werden. Schliesslich kann es in manchen Fällen zwölf Monate oder länger dauern, bevor es zu einer Mandatserteilung kommt. Umso wichtiger ist es, den ersten bereits hochwertigen Inhalt stetig zu ergänzen und die Kommunikation fortzuführen. Hier bietet sich das Erstellen einer Webinar- und einer Whitepaper-Reihe an, mit der kontinuierlich gut durchdachter Content zur Verfügung gestellt werden kann. Hierdurch erregt die Kanzlei stete Aufmerksamkeit, generiert neue Leads oder informiert bestehende Kontakte weiter. Mittels des Doppel-Opt-In-Prozesses wird auch eine Mailing-Liste erstellt für einen Kontakt per Newsletter. Hierbei sollte unbedingt darauf geachtet werden, diese Newsletter mit relevanten Inhalten zu füllen. Die veröffentlichen Inhalte sollten immer einen Fokus auf die Problemlösung für die potenziellen Kunden behalten. Dieser Nurturing Prozess kann auch mit entsprechenden Tools automatisiert ablaufen.
Durch den regelmässigen Kontakt kann auch ein «Nur-Interesse-Lead» so lange begleitet werden, bis eine Dienstleistung der Kanzlei benötigt wird und in eine (erste) Mandatserteilung mündet.