Digitalisierung des Bundesverwaltungsverfahrens

Digitalisierung des Bundesverwaltungsverfahrens

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Der digitale Weg bis 2026

Mit dem Projekt Justitia 4.0 und dem Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (VE-BEKJ) sollen die Schweizer Justizverfahren 2026 weitgehend digitalisiert sein (E-Justice). In diesen Verfahren wird die eJustizakte massgebend sein. Der elektronische Rechtsverkehr (ERV) sowie das elektronische Akteneinsichtsrecht sollen einfach und rasch über die zentrale Plattform Justitia.Swiss abgewickelt werden. Den Parteien kommt dabei nicht nur ein Anspruch auf elektronische Kommunikation zu, sondern sie ist für berufsmässig Handelnde gar obligatorisch.

Verwaltungsjustizverfahren und verwaltungsinterne Verfahren

Auch das Verwaltungsjustizverfahren auf eidgenössischer Ebene steht im Zentrum dieser Vision, dagegen scheint die Zukunft digitaler verwaltungsinterner Verfahren (E-Government) trüber. Im Zuge von Justitia 4.0 ist auch eine Revision des VwVG geplant. Das BEKJ soll demnach grundsätzlich auch für erstinstanzliche Verfahren nach dem VwVG gelten. Zudem wird neu die eVerwaltungsakte massgebend sein und den Parteien kommt ein Anspruch auf elektronische Kommunikation zu. Die Verwaltungsbehörden sollen aber (anders als das Bundesverwaltungsgericht als Teil der E-Justice) nicht an die Plattform Justitia.Swiss angeschlossen werden. Vielmehr sind eine separate Plattform und alternative elektronische Übermittlungsarten vorgesehen. Im (erstinstanzlichen) Verwaltungsverfahren gilt zudem kein Obligatorium.

Das zentrale Motiv für die Einführung der elektronischen Verfahrensinstitute war die Prozessökonomie: Der Gesetzgeber wollte dem Bedürfnis der Wirtschaft nach «rascher und einfacher Kommunikation» mit den Behörden entgegenkommen. Als Fernziel wurde bereits 2007 formuliert, dass «der gesamte Verkehr mit Gerichts- und Verwaltungsbehörden auf elektronischem Weg erfolgen» soll.

Die elektronische Parteieingabe

Die elektronische Zustellung von Eingaben der Partei an die Behörde ist nach konstanter Rechtsprechung nur gestützt auf eine spezifische gesetzliche Grundlage zulässig. Zulässigkeit, Formerfordernisse und Fristwahrung elektronischer Eingaben an Verwaltungsbehörden, die rechtsgültig eine Eingabe in Papierform ersetzen, bestimmen sich nach Art. 21a VwVG i.V.m. dem VeÜ-VwV (eGovEingabe). Zudem veröffentlicht die Bundeskanzlei im Internet ein Verzeichnis, das für die verschiedenen Bundesbehörden regelt, welche Kommunikationskanäle, Adressen und Dateiformate zugelassen sind. Soweit keine besonderen Regelungen bestehen, finden die allgemeinen Verfahrensregeln Anwendung. Der Begriff der eGov-Eingabe umfasst alle schriftlichen Akte, die im Hinblick auf eine Verfügung erfolgen. Dazu gehören nicht nur Rechtsschriften, sondern auch allfällige Beilagen. Grundsätzlich können eGov-Eingaben jeder Behörde im Anwendungsbereich des VwVG übermittelt werden. Ordnungsgemäss übermittelt sind sie zwingend entgegenzunehmen. Die Partei darf Sendungen auch teilweise elektronisch übermitteln (etwa Beilagen per Post senden). Eine allfällige Eingabefrist ist aber bei allen Übermittlungsformen bzw. Sendungsteilen einzuhalten.

Kommunikationskanäle

Die einzelnen Behörden legen die zugelassene Kommunikationskanäle, über welche die Partei Eingaben übermitteln kann (z.B. anerkannte Zustellplattform, Internetseite für die Online-Eingabe oder ungeschütztes E-Mail), selbst fest. Die elektronischen Zustellplattformen stellen in der Praxis den vorrangigen institutionalisierten Kommunikationskanal im Verkehr zwischen Partei und Behörde dar. Sie bedürfen einer vorgängigen Anerkennung durch das EJPD. Aktuell stehen als anerkannte Zustellplattformen PrivaSphere Secure Messaging der Firma PrivaSphere AG und IncaMail der Schweizerischen Post zur Verfügung. Zur Nutzung dieser Zustellplattformen muss die Partei grundsätzlich ein eigenes Konto anlegen. Nicht registrierte Benutzer können nur Eingaben an eine Behörde machen, soweit diese ein Webformular inkl. Datei-Upload zur Verfügung stellt.  Beide Zustellplattformen können über einen Internet-Browser (z.B. Chrome) oder über ein E-Mail-Programm (z.B. Outlook) genutzt werden. Sie sind interoperabel, das heisst, dass die elektronische Eingabe über eine zugelassene Zustellplattform (z.B. PrivaSphere) an eine gültige Adresse der zuständigen Instanz bei einer anderen Zustellplattform (z.B. IncaMail) eingereicht werden kann. Gewöhnliche E-Mails werden nur von wenigen Bundesbehörden als zulässiger Kommunikationskanal bezeichnet.

Qualifizierte elektronische Signatur

Die qualifizierte elektronische Signatur ist eine Art personenbezogenes Siegel, womit die Identifikation des Absenders und die Integrität bzw. Unveränderlichkeit der übermittelten Daten (annähernd) sichergestellt werden. Die Anforderungen an die Qualität bestimmter digitaler Zertifikate und an ihre Verwendung, die Voraussetzungen, unter denen sich Anbieterinnen von Zertifizierungsdiensten anerkennen lassen können sowie deren Rechte und Pflichten sind im ZertES und in der VZertES geregelt. Die qualifizierte elektronische Signatur ist der handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt. Grundsätzlich sind eGov-Eingaben (inkl. Beilagen) mit einer elektronischen Signatur zu versehen. Nur ausnahmsweise ist keine elektronische Signatur erforderlich, wenn die Identifizierung des Absenders und die Integrität der Übermittlung in anderer geeigneter Weise sichergestellt sind. Fehlt eine notwendige Signatur oder ist sie mängelbehaftet, kann die Behörde der Partei eine (kurze) Nachfrist zur Korrektur einräumen.

Fristwahrung

Der Zeitpunkt der Fristwahrung einer eGov-Eingabe ist anhand der Quittung zu ermitteln. Eine Quittung wird von den anerkannten Plattformen unverzüglich mit dem Zeitpunkt des Eingangs einer Eingabe auf der Zustellplattform und der Übergabe durch die Plattform an die Adressatin oder den Adressaten ausgestellt. Die Zustellplattformen quittieren demnach zwei Zeitpunkte: Eine erste «Abgabequittung» für den Zeitpunkt, in welchem die vom Absender benutzte Zustellplattform bestätigt, dass der Uploadprozess für die Eingabe abgeschlossen wurde, und eine zweite «Abholquittung» für den Zeitpunkt, in welchem die von einem Gericht oder von der Behörde benutzte Zustellplattform bestätigt, dass der Abholprozess für die Eingabe abgeschlossen wurde. Zur Fristwahrung ist die Abgabequittung massgebend. Der Absender trägt das Risiko der Fristsäumnis, wenn er die Quittung nicht rechtzeitig oder bloss die Meldung eines Zustellungsfehlers erhält. Diesfalls muss er die Beschwerde gleichwohl fristgerecht per Post oder erfolgreich elektronisch einreichen. So wird sichergestellt, dass das Risiko der Fristsäumnis nur – aber immerhin – so lange beim Absender bleibt, als er es kontrollieren kann und umgehend weiss, falls er weiter handeln muss, um die Fristen zu wahren.