Anwaltliche Erfolgshonorare durch Legal Tech?

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Anwaltliche Erfolgshonorare durch Legal Tech?

Anwaltliche Erfolgshonorare durch Legal Tech?

Quelle: istock

Geschäfts- und Erfolgsmodell von Legal-Tech-Portalen

Legal-Tech-Portale erleben seit einigen Jahren einen Boom und haben sich als Methode der unkomplizierten Rechtsdurchsetzung längst bei den Verbrauchern etabliert. Prominentestes Beispiel ist flightright.de, ein Start-up, das Reisenden bei Flugverspätungen oder –ausfällen nach nur wenigen Mausklicks anzeigt, ob eine Fluggastentschädigung zu erwarten ist und wenn ja, in voraussichtlich welcher Höhe. Hierbei hat fligthright.de mit den allermeisten Plattformen gemeinsam, dass nur im Erfolgsfall ein Teil des erstatteten Geldes an das Unternehmen zu zahlen ist und der Kunde somit bei Beauftragung keinerlei finanzielles Risiko eingeht.

Gemäss dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) darf selbstständig aussergerichtliche Rechtsdienstleistungen nur erbringen, wer über eine Erlaubnis verfügt. Eine solche Erlaubnis haben ausser Rechtsanwälten u.a. Inkassodienstleister, die den Einzug fremder Geldforderungen übernehmen. Von einer solchen Lizenz machen derzeit zahlreiche Anbieter von Legal-Tech-Plattformen Gebrauch und entziehen sich damit verschiedenen Beschränkungen, die für Anwälte jedoch gelten. So dürfen Anwälte nur im Einzelfall erfolgsabhängige Honorare vereinbaren und Gerichtskosten ihrer Mandanten nicht übernehmen – diese Aspekte machen jedoch genau das Geschäfts- und Erfolgsmodell der Legal-Tech-Portale aus.

 

Die Justizministerkonferenz prüft das anwaltliche Berufs- und Gebührenrecht

Inhaber einer Inkassolizenz haben gegenüber der Anwaltschaft also entscheidende Vorteile, die zu einem echten Verdrängungswettbewerb im Bereich der automatisierten Rechtsdienstleistung führen könnten. Bei der diesjährigen Justizministerkonferenz haben die Justizminister daher entschieden, «entsprechende Anpassungen im anwaltlichen Berufs- und Gebührenrecht zu prüfen» und damit möglicherweise auch Anwälten zu erlauben, erfolgsbasierte Vergütungen ohne Risiko für den Mandanten anzubieten. Gleichzeitig sollen Legal-Tech-Portale in diesem Zusammenhang deutlich eingeschränkt werden: Sobald das Angebot Rechtsdienstleistungen umfasst, sollen die Plattformen künftig nur von Anwälten betrieben werden dürfen. Grund, so die Ministerkonferenz, sei die Qualitätssicherung anwaltlicher Arbeit und der Schutz der Verbraucher vor unqualifizierter Rechtsberatung.

 

Wie weit soll die Beschränkung von Legal-Tech-Start-ups gehen?

Zweifelsohne wird auch der Anwaltsberuf selbst durch das RDG vor der Einmischung «fachfremder» Marktteilnehmer geschützt. Fraglich ist allerdings, ob eine derartige Beschränkung von Legal-Tech-Start-ups nicht zu weit geht und vielmehr einen berufsinternen Wettbewerb beeinflussen würde. Bei den Betreibern dieser Plattformen handelt es sich nämlich in der Regel keineswegs um IT-Nerds oder findige Finanzierer, sondern häufig um Rechtsanwälte, entweder mit Zusatzqualifikationen im technischen Bereich oder einfach einer guten Idee, die sie gemeinsam mit IT- und Marketing-Spezialisten umgesetzt haben.

 Zudem ist die Frage berechtigt, ob die Mehrzahl der Fälle, die durch Legal-Tech-Portale bearbeitet werden, regulär überhaupt den Weg zum Anwalt gefunden hätte. Der extrem niedrigschwellige Zugang zur Rechtsdurchsetzung lässt dies bezweifeln. Im Gegenteil: Viele der Prozessmandate, die aus aussergerichtlichen Mandaten dieser Portale entstehen und in der speziellen Phase nur von einem Anwalt betreut werden dürfen, hätte es ohne die automatisierte Rechtsdienstleistung womöglich nie gegeben. 


In jedem Fall wird die Diskussion dringend benötigte Bewegung in den Legal-Tech-Markt bringen. Inwieweit Anwälten hierdurch ermöglicht wird, flexiblere Honorarmodelle anzuwenden und sich damit neue Tätigkeitsfelder zu erschliessen, bleibt noch abzuwarten.