Die COVID-19-Pandemie hat eindrücklich gezeigt, wie notwendig die virtuelle Durchführung von Generalversammlungen sein kann. In dieser Hinsicht bringt die Schweizer Aktienrechtsrevision in vielen Punkten Verbesserungen. Dennoch muss sich der Verwaltungsrat bewusst sein, dass damit auch neue Vorschriften und Risiken verbunden sind. Das revidierte Aktienrecht tritt voraussichtlich auf Anfang 2023 in Kraft.
Durchführungsvoraussetzungen
Um eine Generalversammlung ab Inkrafttreten der Aktienrechtsrevision virtuell durchführen zu können, müssen die Statuten ausdrücklich die Durchführung einer virtuellen Generalversammlung als zulässig vorsehen. Weiter ist die Verwendung der elektronischen Mittel zur Durchführung der Generalversammlung, wie z.B. die Bild- und Tonübertragung, vom Verwaltungsrat zu regeln. Hierbei müssen die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen eingehalten werden. Diesbezüglich wird empfohlen, dass der Verwaltungsrat die Verwendung elektronischer Mittel im Organisationsreglement aufnimmt.
Um die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen bei der Verwendung elektronischer Mittel einzuhalten, muss der Verwaltungsrat sicherstellen, dass (1) die Identität der Generalversammlungsteilnehmer feststeht; (2) die Voten in der Generalversammlung unmittelbar übertragen werden; (3) jeder Teilnehmer Anträge stellen und sich an der Diskussion beteiligen kann. Ebenso ist sicherzustellen, dass (4) bei der Verwendung elektronischer Mittel das Abstimmungsergebnis nicht verfälscht wird.
Folglich bedarf es zur Durchführung einer virtuellen Generalversammlung nach dem Inkrafttreten des revidierten Aktienrechts eine herkömmliche Generalversammlung, in welcher die zwingende Statutenänderung beschlossen wird. Bei der Statutenüberarbeitung muss beachtet werden, dass die Durchführung einer virtuellen Generalversammlung nicht im Konflikt zu anderen Statutenbestimmungen steht, die möglicherweise explizit einen physischen Tagungsort vorsehen bzw. bestimmen, dass der physische Tagungsort in der Einberufung zu erwähnen ist.
Elektronische Einberufung
Die Einberufung der Generalversammlung hat durch die in den Statuten vorgeschriebene Form zu erfolgen, wobei ab dem Inkrafttreten der Aktienrechtsrevision die Einberufung der Generalversammlung neu auch auf dem elektronischen Weg erfolgen kann. Zudem muss der Verwaltungsrat in der Einberufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnen. Bei nichtbörsenkotierten Gesellschaften können die Statuten jedoch vorsehen, dass der Verwaltungsrat auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichten kann.
Kommunikationsmedium zur Durchführung
Das gewählte Kommunikationsmedium muss eine unmittelbare Kommunikationsfunktion beinhalten, anhand welcher die Teilnehmer ihre Anträge stellen, Auskunft verlangen sowie Voten abgeben können und diese Beiträge von anderen Teilnehmern unmittelbar mitverfolgt werden können. Bei der Auswahl der Software ist der Verwaltungsrat frei, solange die Voraussetzungen zur Verwendung elektronischer Mittel erfüllt sind und die Software den Aktionären kostenlos zur Verfügung steht. Zukünftig dürften weitere und auf die virtuelle Generalversammlung massgeschneiderte Softwarelösungen entwickelt werden. Da bei der Durchführung einer virtuellen Generalversammlung kein zwingendes Erfordernis der Bildübertragung besteht, ist bei Gesellschaften mit kleinerem Aktionariat auch eine virtuelle Generalversammlung per Telefonkonferenz möglich.
Technische Probleme und Cyber-Angriffe
Treten während der Generalversammlung technische Probleme auf, gilt es diese in erster Linie zu beheben. Beschlüsse, die während des Auftretens technischer Probleme gefasst werden, sind ungültig und bedürfen einer erneuten Abstimmung. Zudem gilt es das Auftreten relevanter technischer Probleme im Protokoll festzuhalten. Weiter muss der Verwaltungsrat verhindern, dass die Abstimmungsergebnisse durch Cyber-Angriffe verfälscht werden. Es empfiehlt sich, dass der Verwaltungsrat zur Abwehr von Cyber-Angriffen die nötigen Sicherheitsmassnahmen ergreift, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.