Neues Aktienrecht: elektro­nische Mittel in der General­versammlung

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Neues Aktienrecht: elektro­nische Mittel in der General­versammlung

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Neue Möglichkeiten bei der Generalversammlung

Das neue Aktienrecht ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Für die Ausübung der Aktionärsrechte in der Generalversammlung können neu elektronische Mittel verwendet werden. Die Entscheidung, ob die Gesellschaft den Einsatz elektronischer Mittel für die Generalversammlung vorsehen möchte, fällt in die Kompetenz des Verwaltungsrates. Verwaltungsräte können entscheiden, ob eine Generalversammlung physisch, hybrid oder virtuell durchgeführt werden soll. Der Einsatz elektronischer Hilfsmittel erfolgt absolut freiwillig (Kannvorschrift). Entsprechend bleibt es jeder Gesellschaft überlassen, von der Option der hybriden oder der virtuellen Generalversammlung Gebrauch zu machen oder wie bis anhin beim Modell der rein physischen Generalversammlung zu verbleiben.

Bei hybriden und virtuellen Generalversammlungen hat der Verwaltungsrat sicherzustellen, dass die Identität der Teilnehmer feststeht, die Voten unmittelbar übertragen werden, jeder Teilnehmer Anträge stellen bzw. sich an der Diskussion beteiligen kann und das Abstimmungsergebnis nicht verfälscht werden kann. Dazu erlässt der Verwaltungsrat mit Vorteil ein separates formelles Reglement. 

Das Reglement

  • Identität der Teilnehmenden: Der Verwaltungsrat muss sicherstellen, dass die Identität der Teilnehmenden, die ihre Rechte auf elektronischem Weg ausüben, feststeht. Konkret muss er etwa Klarheit haben über den Kreis der Personen, die ihre Mitwirkungsrechte in der Generalversammlung ausüben. Die Anzahl Aktien, die ein Aktionär vertreten kann, ergibt sich aus dem Aktienbucheintrag. Elektronisch Teilnehmende haben sich bei der virtuellen bzw. hybriden Generalversammlung mit Angabe des vollständigen Namens, Aktionärsnummer, E-Mail-Adresse und möglicherweise weiteren Angaben gemäss GV-Einladungsunterlagen zu registrieren. Analog der Zutrittskontrolle an der physischen Generalversammlung wird der elektronisch teilnehmende Aktionär, nachdem er sich mittels des persönlichen Zugangslinks auf der Onlineplattform eingeloggt hat, vor der Live-Zuschaltung zur Generalversammlung validiert. Die Zahl der vertretenen Aktien kann sich während der Generalversammlung verändern, falls Teilnehmende z.B. die Generalversammlung vorzeitig verlassen. Um diese Flexibilität zu berücksichtigen wird für elektronisch Teilnehmende im System eine Funktionalität zu integrieren sein, welche bei jedem Abstimmungsvorgang die Präsenz verifiziert. Statutarisch kann vorgesehen werden, dass für das relevante Mehr nicht die vertretenen, sondern die abgegebenen Stimmen massgebend sind, wobei Stimmenthaltungen als nicht abgegebene Stimmen betrachtet werden.
  • Unmittelbare Übertragung der Voten in der Generalversammlung: Es muss die technische Möglichkeit gegeben sein, dass die Teilnehmenden unter sich während der Dauer der Generalversammlung verbunden sind. Konkret sind die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Voten von den physisch am Tagungsort Teilnehmenden (Voten des Verwaltungsrates und des Aktionariats) so übertragen werden, dass sie von den elektronisch Teilnehmenden empfangen werden können; die physisch am Tagungsort Teilnehmenden die Voten der elektronisch Teilnehmenden hören und verstehen können; die technische Plattform, die von der Gesellschaft für die Übermittlung installiert wird, auch den aktiven Meinungsaustausch unter allen Teilnehmenden ermöglicht.
  • Anträge stellen und sich an der Diskussion beteiligen: Die technische Verbindung muss das aktive Mitwirken der elektronisch Teilnehmenden am Meinungsaustausch und Willensbildungsprozess ermöglichen (virtuelle Unmittelbarkeit). Die technische Plattform, mit welcher dem elektronisch Teilnehmenden der elektronische Zugang zur Generalversammlung verschafft wird, muss somit über die Funktionalität einer direkten (live) Sprechverbindung verfügen, die über die rein audio-visuelle Onlineschaltung hinausgeht.
  • Das Abstimmungsergebnis darf nicht verfälscht werden: Basis für die korrekte Ermittlung ist der am Stichtag bestehende Aktienbesitz. Mit der Live-Zuschaltung eines elektronisch Teilnehmenden ist systemisch sicherzustellen, dass in dem Moment, in welcher ein Aktionär elektronisch den Zugang zur Generalversammlung erhält, dessen Anzahl Stimmen ins Abstimmungssystem einfliesst (und im Falle einer hybriden Generalversammlung zum physisch vertretenen Aktienkapital addiert wird). Ansonsten lässt sich die Anzahl Stimmen, die in der Generalversammlung (physisch und/oder elektronisch) vertreten sind, nicht ermitteln. Sodann hat das System, eine Funktionalität zu enthalten, die dem elektronisch Teilnehmenden bei jedem Traktandum ermöglicht, mit der ihm zustehenden Anzahl Aktien abzustimmen, und zwar mit Ja, Nein und Enthaltung. So wird sichergestellt, dass jeder elektronisch Teilnehmende lediglich mit seinen ihm zustehenden Aktien abstimmt und eine Verfälschung des Abstimmungsergebnisses vermieden werden kann. Für die Abstimmung ist jeweils ein Zeitfenster zu definieren. Das Abstimmungsergebnis wird vom Vorsitzenden – für jedes Einzeltraktandum separat – gesamthaft präsentiert.

Der elektronische Weg im digitalen Zeitalter

Dass die Aktionäre inskünftig ihre Mitwirkungsrechte auch auf elektronischem Weg ausüben können, ist zu begrüssen. Der Gesetzgeber hat den Zeitgeist richtig erfasst und ermöglicht den Gesellschaften für die Durchführung der Generalversammlung den schrittweisen Übergang ins digitale Zeitalter. Gleichzeitig wird damit dem Verwaltungsrat ein zweckmässiges Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, um die Generalversammlung rechtzeitig innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres durchzuführen.

Der Einsatz elektronischer Mittel in der Generalversammlung ist allerdings ein hindernisreicher Vorgang. Der Verwaltungsrat hat dabei gesetzliche Mindestvoraussetzungen zu beachten, deren Verletzung weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Im Sinne einer Risikominimierung empfiehlt sich, ein Reglement zu verfassen, in welchem die Verwendung elektronischer Mittel in der hybriden und virtuellen Generalversammlung detailliert geregelt wird. Dies schafft für alle Beteiligten Rechtsklarheit und Transparenz.