Markenweiterentwicklung

Switzerland

Markenweiterentwicklung

Quelle: iStock

Sie verstärken jüngst den Zürcher Standort der internationalen Beratungsagentur Prophet mit dem Schwerpunkt Marken- und Marketingberatung. Inwiefern ist der Schweizer Markt dafür so interessant?

Tosson El Noshokaty: Grundsätzlich ist die Schweiz ein Land von vielen starken Eigenmarken, egal ob lokal oder global, man denke nur an UBS, Nestle, Swiss Re, Lindt, Novartis und so weiter. Das Thema Marke wird hier gelebt als Teil der Wachstums- und Geschäftsstrategie. Zudem steht der Standort Schweiz für Innovation, hat einen starken Finanzmarktplatz und einen hohen Wettbewerb. Alles ideale Voraussetzungen für eine Beratungsagentur, die Herausforderungen gemeinsam mit den Unternehmen innovativ bzw. kreativ löst. 

Warum ist Ihre facettenreiche Ausbildung – Sie sind Jurist, Volkswirt, Unternehmer, ESG-Experte – prädestiniert für eine Beratertätigkeit?

Mich treibt ein «continuous learning mindset» an, sodass ich täglich gefordert werden und etwas lernen will. Das spiegelt sich auch in meiner Vita, denn ich habe mir immer wieder neue spannende Aufgaben gesucht. Dennoch lasse ich mein altes Leben nie hinter mir, sondern nehme alles, was ich einmal gemacht habe, mit und das Neue ergänzt das Bestehende. Das Jura-Studium etwa hilft mir als Berater dabei, komplexe Sachverhalte auseinanderzunehmen, zu analysieren und für das Problem eine Lösung zu finden. Die wirtschaftliche Ausbildung bringt mich den Industrien, in denen sich unsere Mandanten bewegen, näher, sodass ich ihre Anliegen besser verstehen kann. Das relativ neue ESG-Thema interessiert mich einerseits als Jurist, weil der Bereich in Europa intensiv reguliert ist. Der Green Deal hat Auswirkungen auf Unternehmen und die einzelne Person und ein Verständnis dessen ist meiner Ansicht nach unabdingbar. Andererseits mache ich mir als Vater von vier Kindern selbstverständlich Gedanken, was ich ihnen für eine Welt hinterlasse. 

Nach der Omnipräsenz von ESG in den letzten Jahren hat man den Eindruck, der Bereich würde an Fahrt verlieren. 

Der Eindruck ist leider richtig. Kürzlich hat in einer Session eine Umweltpsychologin erklärt, es gäbe eine Überforderung, was die Regulatorik und die Gesetzgebung betrifft. Die meisten Unternehmer wissen gar nicht, was sie wann machen müssen, ob eine Anforderung verpflichtend oder freiwillig ist. Das deutet auf eine riesige Unsicherheit hin, und der Verbraucher ist mittlerweile einfach genervt von der negativen Kommunikation. Es geht ja meistens um Verbote, dass es zu warm wird, zu viel regnet, zu wenig regnet, dass Reisen, Autofahren und Fleischkonsum schlecht sind… Diese Mischung aus negativer Nachricht und Überforderung führt zu der grassierenden Müdigkeit und Abwehrhaltung. Nichtsdestotrotz muss es uns gelingen, die Thematik wieder positiv zu besetzen und weiterzutreiben, weil die Welt sich leider nicht von allein rettet, um das bewusst dramatisch darzustellen. Meine Hoffnung ruht hierbei übrigens auf der Schweiz: Viele innovative Unternehmen gerade im Umwelt- oder Foodbereich sind hier gegründet worden. Grosse Transformationen bieten Riesenchancen auch finanzieller Art, was die Schweiz erkannt zu haben scheint. 

Apropos Transformation: Prophet begleitet Unternehmen genau dabei. Gibt es (bei aller Individualität der Mandanten) einen roten Faden oder gewisse Eckpfeiler, an denen Sie sich orientieren, damit ein Prozess zum Erfolg führt? 

Wir haben alle gelernt, dass Transformation uns immer begleiten wird. Jede Herausforderung ist mehrdimensional, wir brechen sie herunter für Unternehmen. Der Transformationsprozess ist ein laufender, aber die einzelnen Projekte können gut abgeschlossen werden, weil sie einen Start und ein Ende haben. Tatsächlich lassen sich dabei einige rote Fäden verfolgen, die zum Erfolg führen. Einer davon ist eng mit den Mitarbeitenden verknüpft: Wir sind zwar Unternehmensberater, arbeiten für und mit Unternehmen, aber unsere Mandanten sind Menschen. Transformation hat viel mit Kommunikation – auch von unserer Seite – zu tun. Nicht nur der Vorstand, mit dem man interagiert, sondern jeder einzelne Mitarbeitende ist zunächst einmal verunsichert, weil die Person nicht weiss, was auf sie zukommt. Unzählige Fragen tun sich dann auf. Kommunizieren ist darum das A und O, zum Beispiel früh und klar die Meilensteine definieren und erläutern, warum man etwas macht und wo man hinmöchte. Es hat sich bewährt, Foren aufsetzen, durch welche allen die Möglichkeit eröffnet wird, mitzuwirken oder Fragen zu stellen. 

Sie ergänzen in Zürich als Partner-Duo den Top-Kreativen und Kommunikationsprofi Thomas Wildberger. Wie fügen sich Ihre Expertisen ideal zusammen?

Kommunikation ist das eine Wichtige bei Transformationsprozessen, aber vor allem braucht es Kreativität, die dabei hilft, durch Mauern zu gehen. Man muss verstehen, dass Kreativität und Kommunikation auf einer strategischen Basis aufbauen und in Fakten eingebettet sein müssen. Wir arbeiten quasi automatisch Hand in Hand, weil der eine weiss, was der andere braucht oder man den anderen auch mal an einer wichtigen Stelle in ein Projekt mit einbezieht. Die klassische Aufteilung – Strategieprojekt versus Kreativprojekt – gibt es bei uns nicht. In der Hinsicht sind war auch relativ taub, was Kundenbriefings betrifft, weil wir gelernt haben, dass ein Zusammenspiel zu einem besseren Ergebnis führt. Wir vereinen nicht nur unterschiedliche Perspektiven bei Herausforderungen, sondern verstehen die Gleichwertigkeit unserer Kompetenzen, was am Ende einen Mehrwert für Mandanten bedeutet. 

Mit welchen Herausforderungen sind Schweizer Unternehmen häufig konfrontiert und engagieren dafür einen Berater? 

Bei klassischen Schweizer KMU und Marken haben wir folgende Themen gehäuft festgestellt: Differenzierung in den einzelnen Industrien, neue Kundensegmente, nachfolgende Generationen oder Themen von aussen, wie der Klimawandel. Es besteht oft eine Ratlosigkeit im Hinblick darauf, womit das Unternehmen anfangen soll. Wir stellen eine Priorisierung auf und kreieren ein Projekt, das praxisnah in die Organisation implementiert werden kann. Ein KMU bewegt sich oft sehr nah am Markt. Wir sind hier Unternehmer im Blaumann und ziehen keine theoretischen, strategischen Projekte durch. 

Was ist der wichtigste Aspekt im Hinblick auf das Wachstum eines Unternehmens?

Es heisst ja, die Welt gehört denen, die neu denken. Errungenschaft kamen nur deswegen hervor, weil Menschen den Status Quo hinterfragt haben und daran geglaubt haben, dass es etwas Besseres gibt als das Bestehende. Das muss unser Anspruch sein und ich gebe zu, dass es nicht immer gelingt, mit einer Strategie etwas Neues zu schaffen. Denn «neu» bedeutet, es gab das vorher so noch nicht und genau das sollte das Erstrebenswerteste für ein Unternehmen sein. Wenn man sich zurückversetzt wurden die meisten Unternehmen doch irgendwann deswegen gegründet, weil sie ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung etc. entwickelt hatten. Jetzt herrscht ein grösserer Wettbewerb, aber man muss doch versuchen, stets einen Schritt weiter zu sein als die Konkurrenz. Das schafft man nur mit Kreativität die tatsächlich zu Innovativem führt.