Was ist Pro Bono?
Pro bono leitet sich von dem lateinischen Ausdruck pro bono publico ab und bezeichnet eine Tätigkeit zum Wohl der Allgemeinheit. Im anwaltlichen Kontext versteht man unter pro bono die honorarfreie, anwaltliche Beratung für einen guten Zweck. Pro-bono-Rechtsberatung ist in Deutschland zwar nicht gesetzlich geregelt, trotzdem ist sie nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Zum einen schränkt das anwaltliche Berufsrecht unbezahlte Tätigkeit ein. Zum anderen gewährt der Staat Anspruch auf Beratungs- und Prozesskostenhilfe. Damit ist der Zugang zum Recht zwar für viele gesichert, aber nicht lückenlos und auch nicht für alle. Hier leistet Pro-bono-Rechtsberatung einen wichtigen Beitrag für mehr Rechtsstaatlichkeit. Insbesondere für sogenannte Non-Profit-Organisationen, wie Vereine, Verbände, Stiftungen oder Nichtregierungsorganisationen, die in der Regel keine staatliche Kostenhilfe in Anspruch nehmen können.
Oft wird angeführt, dass anglo-amerikanischen Grosskanzleien Pro Bono nach Europa bzw. Deutschland gebracht hätten. Daran ist sicher richtig, dass Pro Bono mit dem Erscheinen internationaler Grosskanzleien auf dem europäischen Markt einen enormen Aufschwung erfahren hat. Gleichzeitig verkennt es aber die Tatsache, dass sich Anwältinnen und Anwälte auch hier seit jeher für Bedürftige und zum Wohl der Allgemeinheit eingesetzt haben. Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich wegen der anders gelagerten Grundvoraussetzungen eine spezifisch europäische Pro-bono-Praxis herausgebildet hat, deren Schwerpunkt auf der rechtlichen Unterstützung von Non Profit Organisationen liegt, die sich für zivilgesellschaftliche, menschenrechtliche oder umweltrechtliche Belange einsetzen.
Warum ist Pro Bono wichtig für Kanzleien?
Die Gründe, warum sich Kanzleien bzw. Anwältinnen oder Anwälte pro bono engagieren, sind vielfältig. Da sind zum einen diejenigen, die das aus Überzeugung schon lange tun. Zum anderen hat sich gerade in den letzten Jahren ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel vollzogen, der sich auch auf das Selbstverständnis von Kanzleien auswirkt. Das Fortschreiten des Klimawandels, neue Flüchtlingskrisen oder aber die Auswirkungen der Pandemie auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt zwingen dazu, sich mit der eigenen Verantwortung und Rolle in der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Das gilt nicht nur für Unternehmen, die tiefgreifende Transformationsprozesse hin zu mehr Nachhaltigkeit durchlaufen, sondern auch für die sie beratenden Kanzleien.
Immer mehr Kanzleien gehen deshalb dazu über Pro Bono im Rahmen von Responsible Business oder Corporate Social Responsibility zum integrativen Bestandteil der Kanzleistrategie zu machen. Sie legen fest, welche Bereiche bzw. welche Zielgruppen gezielt unterstützt werden sollen und entwickeln entsprechende Strukturen und Programme. Zum Teil schliessen sich sogar mehrere Kanzleien zusammen, um an einem Mandat gemeinsam zu arbeiten. Tatsächlich achten auch immer mehr Mandanten auf Pro-bono-Engagement von Kanzleien. Zwar spielt Pro Bono aktuell noch keine besondere Rolle bei Rankings – ganz anders hingegen in den USA – allerdings wird es Berufseinsteigerinnen und -einsteigern immer wichtiger, dass die Kanzleikultur mit den eigenen Werten übereinstimmt. Sie wollen mehr als nur grosse Unternehmen beraten, sondern darüber hinaus mit ihrem juristischen Know-how auch etwas Sinnvolles für die Allgemeinheit leisten. Pro-bono-Mandate können häufig schon von jüngeren Anwältinnen oder Anwälten selbständig oder bereichsübergreifend in Teams bearbeitet werden. Das wirkt inklusiv und stärkt die Identifikation mit der eigenen Kanzlei. Nicht zu vergessen ist die besondere persönliche Erfahrung. Es ist eben doch etwas anderes, wenn man eine Non-Profit-Organisation beim Ankauf von landwirtschaftlichen Flächen zur anschliessenden Renaturierung in Regenwald unterstützt, im Rahmen der European Lawyers in Lesvos Initiative kostenlose Rechtsberatung für Flüchtlinge erteilt oder aber zivilgesellschaftliche Organisationen dabei berät, wie sie sich gegen Angriffe von rechts oder gegen Hate Speech im Netz zur Wehr setzen können.
Pro Bono Deutschland e.V.
Ein gesteigertes Interesse an Pro Bono nimmt auch der Pro Bono Deutschland e.V., der sich die Förderung der Pro-bono-Kultur zum Ziel gesetzt hat, wahr. Gegründet 2011 von 16 Kanzleien, zählt der Verein mittlerweile 43 Mitglieder, von der internationalen Großkanzlei bis hin zur mittelständischen, regionalen Kanzlei. Der Verein informiert seine Mitglieder regelmäßig über Entwicklungen und Trends und stellt neue Betätigungsfelder für Pro Bono vor. Dabei kommt dem Verein sein Netzwerk zu anderen europäischen und internationalen Pro-bono-Organisationen zugute. Der Austausch der Mitglieder untereinander erfolgt im Rahmen von Roundtables, die auch Interessierten offenstehen. Der Verein fördert darüber hinaus den Pro-bono-Nachwuchs an Universitäten und in Law Clinics und veranstaltet die Pro Bono Woche, die zeitgleich zur European Pro Bono Week jedes Jahr im November stattfindet. Der Pro Bono Deutschland e.V. erteilt selbst keine Rechtsberatung und vermittelt auch keine Mandate. Zu diesem Zweck hat der Verein zusammen mit der Organisation UPJ e.V. ein eigenständiges Clearinghouse aufgebaut, das sich mittlerweile erfolgreich im deutschen Pro-bono-Markt etabliert hat.