Das müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der aktuellen Corona-Situation wissen

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Das müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der aktuellen Corona-Situation wissen

Corona und arbeiten

Quelle: istock

Aufgrund der momentanen Lage im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus in der Schweiz stellen sich für Arbeitnehmer- und Arbeitgeber viele Rechtsfragen. Nachfolgend sollen die wichtigsten kurz beantwortet werden.

1. Arbeitnehmerschutz / Homeoffice

Aufgrund der Fürsorgepflicht (Art. 328 Abs. 2 OR) hat der Arbeitgeber zumutbare Massnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer zu treffen. Dabei hat er die von den Gesundheitsbehörden aktuell empfohlenen Hygienemassnahmen in seinem Betrieb umzusetzen bzw. die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass diese umgesetzt werden können. Ebenfalls sind entsprechende Verhaltensweisungen an die Arbeitnehmer zu erteilen. Je nach den betrieblichen Gegebenheiten kann damit auch die Anordnung von Homeoffice angezeigt sein. Der Arbeitnehmer hat diesen Weisungen Folge zu leisten.

Personen über 65 Jahre oder mit bestimmten Erkrankungen (Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen, Krebs) müssen aktuell sogar zwingend im Homeoffice beschäftigt werden. Ist dies nicht möglich, so sind sie gemäss der Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus vom 16. März 2020 unter der Wahrung des vollen Lohnanspruches bis vorerst am 19. April 2020 freizustellen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmern die zur Verrichtung der Arbeit erforderlichen Instrumente und Geräte zur Verfügung zu stellen oder sie zu entschädigen, sofern die Geräte von den Arbeitnehmern selber zur Verfügung gestellt werden.

 

2. Arbeitspflicht / Lohnfortzahlung

Grundsätzlich bleiben die Arbeitnehmer auch während der aktuellen Lage zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet. Kann die Arbeitsleistung durch die Arbeitnehmer aus irgendeinem Grund nicht mehr erbracht werden, so stellt sich die Frage, ob seitens des Arbeitgebers dennoch der Lohn auszurichten ist. Dabei sind die folgenden Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Bei der Erkrankung des Arbeitnehmers besteht ein normaler Anspruch auf Lohnfortzahlung bzw. Leistungen der Krankentaggeldversicherung.
  • Bleibt der Arbeitnehmer aus eigener Motivation (z.B. aus Angst vor Ansteckung) der Arbeit fern, so besteht kein Lohnanspruch. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitnehmer wegen Verletzung behördlicher Anordnungen nach Hause geschickt werden muss.
  • Wird der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber lediglich als Vorsichtsmassnahme und ohne behördlichen Zwang von der Arbeit befreit, so handelt es sich um Arbeitgeberverzug und es ist voller Lohnersatz zu leisten.
  • Wird der Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen, so ist gemäss der Ansicht des Staatssekretariates für Wirtschaft (SECO) ebenfalls voller Lohnersatz zu leisten, da eine Betriebsschliessung im Pandemiefall in die Risikosphäre des Arbeitgebers falle. Diese Frage ist jedoch in der Rechtsprechung noch nicht abschliessend geklärt. Die Arbeitnehmer können unter Umständen aufgrund ihrer Treuepflicht verpflichtet werden, die «verpassten» Arbeitszeiten nachzuholen. Sofern die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, kann der Arbeitgeber über die Kurzarbeitsentschädigung jedoch einen grossen Teil der Lohnkosten zurückerhalten. 
  • Wenn die Arbeitnehmer aufgrund von Reisebeschränkungen, Grenzschliessungen, Einschränkungen des öffentlichen Verkehrs oder wegen einer Quarantäne des Wohnortes nicht an den Arbeitsort gelangen können, ist dies nicht mehr dem Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen und damit entfällt ein entsprechender Lohnanspruch.
  • Müssen Arbeitnehmer minderjährige Kinder betreuen, weil die Schule oder Kindertagesstätte geschlossen wurde, haben sie Anspruch auf Lohnfortzahlung, da eine gesetzliche Pflicht zur Betreuung besteht. Die Arbeitnehmer sind jedoch verpflichtet, innert nützliche Frist eine andere Form der Betreuung zu organisieren, damit sie ihren Arbeitspflichten wieder nachkommen können.

 

3. Ferien

Der Arbeitgeber kann den Zeitpunkt der Ferien der Arbeitnehmer bestimmen. Er hat jedoch Rücksicht auf deren Bedürfnisse zu nehmen. Bei dringlichem und unvorhergesehenem betrieblichem Bedürfnis kann der Arbeitgeber die Ferienplanung zudem anpassen oder eine Feriensperre verhängen. Haben Arbeitnehmer bereits Ferien gebucht und können diese aufgrund der Feriensperre nicht antreten, so ist der dadurch entstandene Schaden zu ersetzen.

Sollen die Arbeitnehmer wegen Arbeitsmangel oder einer Betriebsschliessung in die (Betriebs-) Ferien geschickt werden, so ist dies in der Regel nur mit einer ausreichenden Vorlaufzeit (in der Regel ein bis drei Monate) möglich.

 

4. Überstunden

Der Arbeitnehmer kann gestützt auf Art. 321c Abs. 1 OR zur Leistung von Überstunden verpflichtet werden, wenn dies durch die Umstände gerechtfertigt ist. Beim Ausfall vieler Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung ist diese Voraussetzung erfüllt. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber jedoch auch auf die persönlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen (z.B. Betreuungspflichten gegenüber von Kindern und Angehörigen). Es sind somit eher die Arbeitnehmer zur Überstundenarbeit hinzuziehen, welche über keine Betreuungsverpflichtungen verfügen.

Sofern die Arbeitnehmer zustimmen, können diese im Falle von Überkapazitäten oder Arbeitsausfällen zum Bezug von Überstunden verpflichtet werden.

 

Die Fortführung der Arbeit bringt wegen des Coronavirus grosse Besorgnis und Unsicherheit mit sich.  Arbeitsrechtler beschäftigen sich  intensiv mit den in diesem Kontext relevanten Themenbereichen und klären umsichtig für Sie die häufigsten Fragen.