Legal Operations – ein weltweiter Trend verändert die Branche

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Legal Operations – ein weltweiter Trend verändert die Branche

Legal Operations

Quelle: istock

Rechtsabteilungen von Unternehmen befassen sich hauptsächlich mit zwei Aufgabenfeldern: 1) mit den klassischen juristischen Tätigkeiten, wie interne Rechtsberatung, Vertragsgestaltung und Compliance. 2) mit der Zusammenarbeit mit externen Rechtsdienstleistern, dem Risiko‑, Ressourcen-, Wissens- und Technologiemanagement sowie der Ausrichtung an den Unternehmenszielen.

Legal Operations

Gegenstand von Legal Operations ist dieser zweite Tätigkeitskomplex, der auch als business of law bezeichnet wird. Zunehmend setzt sich die Auffassung durch, Rechtsabteilungen müssten sich mit demselben Massstab hinsichtlich Budgeteinhaltung und Effizienz messen lassen wie die anderen Fachbereiche im Unternehmen. Hier setzen Legal Operations an, Ihr Ziel ist es, durch betriebswirtschaftliche Methoden und professionelle Strukturen operationelle Hürden zu beseitigen.

Dabei kommen folgende Instrumente zum Einsatz:

  • Datenanalyse: Mittels Datenmanagement und -interpretation können rechtliche Risiken erkannt und notwendige Gegenmassnahmen bestimmt werden. Voraussetzung dafür sind strukturierte Informationen, welche z.B. aus (neuen) Gesetzen und deren Auslegung, Gerichtsurteilen sowie früheren Rechtsstreitigkeiten stammen. Ergänzend helfen Vertragsmanagement-Tools dabei, bestehende Unternehmensverträge zu überwachen. Gegenstand der Analyse können ebenso Daten zur Rechtsabteilung selbst sein, wie Indikatoren für Servicequalität, Kostenmanagement, Zeitaufwand für verschiedene Aufgaben und Leistungskennzahlen von externen Beratern.
  • Technologie: Die Automatisierung von Prozessen hilft, den Zeitaufwand für juristische Aufgaben zu reduzieren. Dazu dient z.B. Software für Vertragsautomatisierung, Dokumentenanalyse und Projektmanagement.
  • Strategische Planung: Mittel- und langfristige strategische Ziele der Rechtsabteilung müssen mit der übergeordneten Strategie und den Zielen anderer Abteilungen des Unternehmens übereinstimmen. Sieht das Unternehmen z.B. vor, in neue Absatzmärkte vorzudringen, ist dieses Ziel auch in der strategischen Planung der Rechtsabteilung zu antizipieren. Das kann bedeuten, dass ein Vorgehen ausgearbeitet werden muss, wie im betreffenden Markt notwendige Compliance-Strukturen geschaffen werden können.
  • Inter- und intrafunktionale Zusammenarbeit: Mitglieder des Legal Operations-Teams müssen mit Personen sämtlicher Unternehmensbereiche und Hierarchiestufen im Austausch stehen, um rechtlich relevante Prozesse zu optimieren.
  • Standardisierung von Prozessen: Massstäbe für Prozesse festzulegen ist eine zentrale Voraussetzung für die Automatisierung von Arbeiten in Rechtsabteilungen. Im Rahmen von Legal Operations ist es deshalb unabdingbar, bestehende Abläufe auf Standardisierungsmöglichkeiten zu prüfen und zu optimieren. Dazu können anerkannte Methoden zur Prozessverbesserung und -steuerung (z.B. Lean und Six Sigma) zum Einsatz kommen.

Im Ergebnis versprechen diese Massnahmen eine höhere Qualität der juristischen Arbeit, Kosten- und Zeitersparnisse und präzisere Identifikation von rechtlichen Risiken innerhalb des Unternehmens.

Für Mitarbeiter interner Rechtsabteilungen werden durch den Wegfall von administrativen und repetitiven Arbeiten Ressourcen frei, die sie für anspruchsvollere Aufgaben, welche ihr Fachwissen und ihre Expertise erfordern, verwenden können. Das verspricht eine höhere Arbeitszufriedenheit und kann talentierte Mitarbeiter an das Unternehmen binden. Gleichzeitig ändern sich die Job-Anforderungen: Zunehmend sind fachlich hochqualifizierte Personen mit technischem Basiswissen gesucht.

Um ein Legal Operations-Team wirkungsvoll einzubinden, muss die Organisationsstruktur der Rechtsabteilung darauf abgestimmt sein. Infrage kommen entweder ein zentralisiertes Legal Department, bei dem die Rechtsabteilung direkt dem General Counsel unterstellt ist, oder eine Matrix-Struktur, wo Mitglieder der Rechtsabteilung in einzelne Geschäftsbereiche integriert sind.

Die Entwicklung im Bereich Legal Operations wird zu weiterem Wachstum bei Unternehmen führen, die sich auf Rechtsdienstleistungen wie Dokumentenprüfung, Vertragsmanagement und elektronische Datenerfassung spezialisiert haben, sogenannte New Legal Service Provider. Rechtsabteilungen werden zunehmend routinemässige, risikoarme und ressourcenintensive Aufgaben an solche Anbieter auslagern.

Der Effekt auf Kanzleien

Das beschriebene Vorgehen macht es einfacher, Qualität und Effizienz externer Rechtsdienstleister, wie Anwaltskanzleien, zu messen. Zudem werden Unternehmen zunehmend auch im Rechtsbereich kostensensitiver. Anwaltskanzleien laufen Gefahr, durch New Legal Service Provider substituiert zu werden. Das erhöht zwar den Anpassungsdruck auf sie. Gleichzeitig können Legal Operations aber eine grosse Chance darstellen, wenn sie ihr Angebot auf die neuen Bedürfnisse von Rechtsabteilungen in Unternehmen abstimmen. Anwaltskanzleien können zum Beispiel eine engere Kundenbindung erreichen, indem sie Schnittstellen schaffen, mit denen sich ihre Dienstleistungen nahtlos in die Tätigkeit ihrer Mandanten einbinden lassen. Für grosse Kanzleien ergibt sich zudem die Möglichkeit, ein eigenes internes Legal Operations-Team aufzubauen. Damit können sie selbst von Effizienzvorteilen profitieren, welche es ihnen ermöglichen, den finanziellen Vorgaben ihrer Mandanten gerecht zu werden. Daneben hilft ihnen das so erworbene Know-how, um Unternehmen bei der Einführung von Legal Operations-Instrumenten zu beraten. Kleine und mittlere Kanzleien verfügen heute oftmals nicht über die notwendigen Ressourcen und Mandatsvolumen, um breite Legal Operations-Strategien umzusetzen. Nichtsdestotrotz ist ihnen zu empfehlen, mittelfristig zumindest einzelne Instrumente, wie zum Beispiel Datenanalyse oder standardisierte Prozesse, zu implementieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Neue Herausforderungen

Die Entwicklung im Bereich von Legal Operations stellt neue Ansprüche an Juristen. Dadurch werden im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen das Vermitteln von Grundlagen der Datenanalyse, Grundkenntnisse in Programmierung und Fähigkeiten im Projektmanagement unabdingbar.

Mit der Legal Operations-Bewegung erreicht die digitale Transformation nun auch die unternehmensinternen Rechtsabteilungen. Von diesem Trend werden all diejenigen profitieren, welche die dafür notwendigen Anpassungsleistungen bewältigen können.

Die Interessen bündeln

Im Bereich von Legal Operations haben sich Unternehmen insbesondere zu zwei grossen internationalen Interessenverbänden zusammengeschlossen: CLOC (Corporate Legal Operations Consortium) und ACC (Association of Corporate Counsel). Beide Organisationen bieten eine Plattform für einen Erfahrungsaustausch und Hilfsmittel zur Umsetzung einer wirkungsvollen Legal Operations-Strategie.

 

Quellen und weiterführende Informationen:
BCG, Legal Operations: Getting More from In-House Legal Departments and Their Outside Counsel, November 2018, https://www.bucerius-education.de/fileadmin/content/pdf/studies_publications/Buc_BCG_Legal_Operations_Studie_2019.pdf
http://www2.acc.com/legalops/
https://cloc.org/
http://www.bakermckenzie-kompass.de/legal-operations-industrialisierung-des-rechtsmarkts/